Digitale Technologien rücken aufgrund ihres wachsenden Energieverbrauchs immer stärker in den Fokus von Nachhaltigkeitsdebatten. Der Aufstieg der Künstlichen Intelligenz drängt uns zur Frage, wie diese wachsenden Technologien ökologisch verträglich eingesetzt werden können – und welche politischen, sozialen und technologischen Ansätze dafür nötig sind.
von Anja Kirig
12. Februar 2025
Der AI Action Summit 2025 in Paris brachte rund 100 Nationen und wichtige Branchenvertreter:innen zusammen. Ein Großteil der Teilnehmenden unterzeichnete am Ende des Summits eine Deklaration für eine transparente, ethische, sichere – und vor allem auch nachhaltige Weiterentwicklung der KI. Nicht aber die USA und das Vereinigte Königreich. Was bedeutet das für die Zukunft der Künstlichen Intelligenz? Und wie realistisch ist eine ökologisch und nachhaltig verträgliche KI?
Streaming, Kryptowährungen – und nun auch KI: Die digitale Welt schluckt immer mehr Energie und sorgt so für kontroverse Diskussionen. In einer Next Stop Future-Folge sprach ich mit meiner Podcast-Kollegin Catharina darüber, dass die Effizienzgewinne den Energieverbrauch der KI übersteigen und KI somit trotz ihres hohen Energiebedarfs zur Nachhaltigkeit beitragen könnte. Verlässliche Zahlen zum tatsächlichen und prognostizierten Energieverbrauch der KI sind jedoch schwer zu finden und Daten verschiedener Studien sollten mit Vorsicht interpretiert werden.
Klar ersichtlich ist allerdings das Wachstum der Rechenzentren und deren steigender Strombedarf. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass aktuell 1 bis 1,5% des weltweiten Energiebedarfs von Rechenzentren ausgeht – Tendenz steigend. Bislang wird die Nachfrage nach Rechenleistung noch überwiegend durch fossile Brennstoffe gedeckt. Und auch der Wasserbedarf für die Kühlung der Rechenzentren wird zu einem kritischen Faktor, immerhin verbraucht beispielsweise ein modernes US-Rechenzentrum für das Training von GPT-3 rund 700.000 Liter Frischwasser.
Indem sie tatsächliche Effizienzpotenziale in der Ressourcennutzung, dem Energieverbrauch oder der Kreislaufwirtschaft hebt, kann die KI eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen spielen. Dafür bedarf es jedoch einer tiefgreifenden politischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Transformation.
Die Eco Transition beschreibt ein Umdenken, durch welches Nachhaltigkeit systemisch verankert wird – statt sie nur auf Verzicht oder Kompensation zu reduzieren. Demnach sollten wir KI-Technologien nicht nur hinsichtlich ihrer Emissionen optimieren, sondern sie aktiv in Systeme der Kreislaufwirtschaft und regenerative Wirtschaftsmodelle einbinden.
Die Conscious Economy erweitert diesen Ansatz und verknüpft die wirtschaftliche Wertschöpfung mit sozialen und ökologischen Zielen – im Falle von Künstlicher Intelligenz beispielsweise dann, wenn KI als Werkzeug für transparente und faire Produktions- und Handelsprozesse eingesetzt wird.
Gleichzeitig spielen gesellschaftliche und ethische Dimensionen eine zentrale Rolle. Die Co-Society fördert neue Formen der Zusammenarbeit, die auf Offenheit und Teilhabe beruhen. Open-Source-KI-Anwendungen können idealerweise eine gemeinschaftliche Entwicklung von Technologie ermöglichen.
Dezentralität wird auch im Rahmen der Glocalisation relevant, die globale Vernetzung mit lokalen, anpassungsfähigen Strukturen kombiniert. Dezentrale KI-Ansätze und Small Language Models (SLMs) stehen dabei für eine nachhaltigere und demokratische Alternative zu energieintensiven zentralisierten Systemen.
Die ethische Dimension zeigt sich in der Human Digitality: KI darf nicht nur funktionale Optimierung betreiben, sondern muss auch menschliche Werte, Privatsphäre und digitale Selbstbestimmung respektieren. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten, der Schutz individueller Rechte und die Entwicklung fairer, diskriminierungsfreier Algorithmen sind essentiell, um KI zu einem Instrument für eine lebenswerte Zukunft zu machen.
Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, eine nachhaltige Schlüsseltechnologie zu sein. Ob KI zu einem echten Treiber einer nachhaltigen oder regenerativen Zukunft werden kann, liegt letztlich an einer ganzheitlichen Perspektive auf die Zukunft der KI-Technologie. Nachhaltig sinnvoll wird die Künstliche Intelligenz nur dann, wenn der Fokus nicht nur auf ihrer technologischen Weiterentwicklung liegt, sondern vor allem auf ihre sinnhafte, ökologische und ethisch reflektierte Integration in gesellschaftliche Transformationsprozesse.
Die Sozialwissenschaftlerin Anja Kirig beobachtet kontinuierlich gesellschaftliche Veränderungsprozesse, insbesondere in den Bereichen Sport und Tourismus sowie Gesundheit, Nachhaltigkeit und Post-Individualisierung. In ihren Vorträgen bereitet sie die Inhalte eloquent und anschaulich auf, eröffnet Möglichkeitsräume und bietet Orientierung.
Die vollständige Version dieses Textes hat Anja Kirig auf ihrem Blog veröffentlicht.