Ein Auszug aus dem focus:book „Raum – Räume transformieren, Zukunft gestalten“
von Nina Pfuderer und Jonas Höhn
29. Mai 2024
Wie können wir Räume transformieren und Zukunft gestalten? Transformationspfade sind oft unterschiedlich und abhängig von lokalen Gegebenheiten und Bedingungen. Doch es gibt einige Gemeinsamkeiten, die wir in fünf Transformationsprinzipien zusammengefasst haben. Diese Prinzipien sind die Voraussetzung für eine gelingende Transformation im Raum und lassen sich auf verschiedene Businessmodelle, Problemstellungen und Branchen übertragen.
Oft hängen Anforderungen, Bedürfnisse und Lösungsansätze einzelner Branchen miteinander zusammen und können sich gegenseitig befruchten. Deshalb wird eine branchenübergreifende Betrachtung von Transformationsdynamiken immer wichtiger. Konkrete Handlungspotenziale sind zwar innerhalb einzelner Branchen realisierbar – ihre volle Transformationskraft entfalten sie aber erst im Zusammenspiel verschiedener Akteur:innen aus unterschiedlichen Sektoren.
Diese fünf Transformationsprinzipien dienen zur Inspiration und können die Gestaltung von zukunftsfähigen Räumen vor Ort unterstützen:
Transformationsräume lassen sich am besten gemeinschaftlich gestalten. Ob Räume mit einer gemeinwohlorientierten, kollaborativen Planung entwickelt werden oder über kollektive, selbstverwaltete Bottom-up-Ansätze: Gemeinschaftliche und inklusive Gestaltungskonzepte können neue Nutzungspotenziale schaffen, wenn die Menschen vor Ort Beziehungen in ihrem räumlichen Umfeld aufbauen. Dabei ist es besonders wichtig, dass die sozialen und emotionalen Bedürfnisse der Menschen im Raum berücksichtigt und Angebote geschaffen werden, am Transformationsprozess zu partizipieren.
In einer sich stetig wandelnden Welt ist Adaptivität als räumliches Transformationsprinzip fundamental. Von Nachverdichtungen über clevere Anpassungen an den Klimawandel bis hin zur effektiven Umnutzung nicht mehr benötigter Räume ergeben sich zahlreiche Chancen für Neuausrichtung und Veränderung.
Nachhaltigkeit ist nicht nur in ihrer ökologischen Dimension bedeutsam, sondern auch in Bezug auf die Langlebigkeit und Haltbarkeit von Raumtransformationen. Beides spielt vor allem im Bauwesen und in der Mobilitätsbranche eine wichtige Rolle: Weder der Wandel zu nachhaltigeren Bauweisen noch die Mobilitätswende können gelingen, wenn sie nicht langfristig geplant sind.
Räumliche Transformation kann nur bewältigt werden, wenn Menschen spüren, dass sie mit ihrem Handeln etwas erreichen können. Dies zeigt sich in selbstregulierten Umgestaltungen dysfunktionaler Räume genauso wie in experimentellen Formen der Raumgestaltung oder in Reallaboren. Nur wenn sich Individuen, Gruppen oder Organisationen verantwortlich für „ihren“ Raum fühlen und eine Verbindung zu ihrem räumlichen Umfeld aufbauen, kann Selbstwirksamkeit entstehen.
Transformationsräume sind geprägt durch dynamische Prozesse der Ver- und Entnetzung. Ein reflektierter Umgang mit den komplexen Interdependenzen im Raum eröffnet kreative Gestaltungspotenziale – von flexibleren Mobilitätsformen und resilienten Lieferketten bis hin zur Erweiterung des Raums ins Virtuelle. Zudem ermöglicht die Vernetzung unterschiedlicher Akteur:innen eine transdisziplinäre Zusammenarbeit, die eine ganzheitlichere Betrachtung von Transformationsprozessen erzeugt.
Die wichtigsten Treiber räumlicher Transformationen sind die Menschen vor Ort – denn Lebensräume sind immer geprägt durch alltägliche Handlungen und die permanente Aushandlung verschiedener Interessen und Bedürfnisse.
Weltweit gibt es bereits viele Akteur:innen, individuell wie kollektiv, die diese Prinzipien in ihre Arbeit integriert haben, um Räume zu transformieren. Von Bottom-up-Bewegungen mit sozial-solidarischem Charakter, künstlerischen Initiativen und Co-Working Spaces über gemeinschaftliche Formen der Verwaltung und der Gestaltung von Wohnraum bis hin zu Rewilding-Projekten, dezentralisierten Formen der Daseinsvorsorge und Reallaboren zum Ausprobieren transformativer Konzepte: Der Transforming Space wird bereits von zahlreichen Akteur:innen eingenommen.
„Urbane Transformation ist zu einem kooperativen Gestaltungsprozess geworden“ (vgl. Schneidewind 2023). Nun geht es darum, die verschiedenen Perspektiven und Kräfte zu vereinen, um gemeinsam Räume zu transformieren und Zukunft zu gestalten.