Glocalisation

Aus globaler Vereinheitlichung wird glokale Vielfalt.

Die Globalisierung wurde lange als gleichbedeutend mit Fortschritt angesehen, der grenzenloses Wachstum und wachsenden Wohlstand für alle bedeutet. Inzwischen kennen wir die Schattenseiten einer unregulierten Globalisierung. Wie sieht ein konstruktiver Umgang mit Globalisierung aus? Wie schaffen wir resiliente Systeme in einer globalisierten Welt?

Ein Auszug aus der Publikation “Future:System – Transformation beyond Megatrends”.

Von Jonas Höhn

Glocalisation

Angetrieben durch die technologisch beschleunigte Mobilisierung und Vernetzung breiteten sich transnationale Verflechtungen mit rasanter Geschwindigkeit aus. Wirtschaft, Politik, Kultur –  Globalisierung prägt inzwischen den gesamten gesellschaftlichen Alltag. Doch der Zauber des Versprechens von ungebremstem Wachstum, grenzenlosem Handel und kultureller Homogenisierung ist spätestens seit Corona gebrochen. 

Krisen der Globalisierung

Der Beginn des 21. Jahrhunderts hat tiefe Risse im Selbstverständnis der Globalisierung hinterlassen. Multiple Krisen zeigen uns zunehmend auf, dass die globale Vernetzung nicht nur Vorteile schafft – sondern auch viele Verlierer:innen zurücklässt. Begleitet von ungeahnten Disruptionen treten die Schattenseiten der Globalisierung in den Vorschein: das System der ungebremsten planetaren Verflechtung und Homogenisierung ist fragil und krisenanfällig. 

Ende des globalen Determinismus

Mit dem wachsenden Bewusstsein für die wechselseitige Interdependenz von globalen und lokalen Kräften setzt das Prinzip der Glocalisation ein und transformiert den globalen Determinismus der Hyperglobalisierung. Globale und lokale Elemente werden künftig wieder stärker miteinander in Beziehung gesetzt. Daraus besteht der Kern der Glocalisation, die als Transformation letztendlich eine qualitative Weiterentwicklung der traditionellen Globalisierung mit neuer Ausrichtung darstellt. 

Zukunft im lokal-globalen Zusammenspiel

Die transformative Kraft der Glocalisation entsteht unmittelbar dort, wo künftig Schnittstellen zwischen lokalen und globalen Strukturen und Kompetenzen gefunden werden. Eine bewusste Reflexion traditioneller Globalisierungsnarrative bildet dabei die Grundlage für die Erschaffung globaler Gestaltungsmöglichkeiten – und hilft uns dabei, den planetaren Herausforderungen des 21. Jahrhunderts durch die gemeinsame Interaktion von regionaler Vielfalt und globaler Kooperation zu begegnen.

Drei ausgewählte Subtrends der Glocalisation

Global Power Shifts

Polit-ökonomische Machtverschiebungen zwischen einzelnen Supermächten und Nationalstaaten fördern weltweit neue Fragen und Herausforderungen zutage. Global Power Shifts führen zu wechselnden Allianzen und Konflikten, die auch Regionen und Städte beeinflussen – beispielsweise bei Fragen nach Handelspartnern oder militärischer Kooperation. Zunehmend spielen auch transnationale Unternehmen wie Amazon oder Alibaba eine prägende Rolle für die multipolare Welt(un)ordnung.

Resilient Supply

Die Lieferketten von morgen sind zirkuläre Versorgungssysteme, die das Paradigma der Effizienz und Beschleunigung traditioneller Lieferketten ablösen. Die Parameter des Resilient Supply verfolgen ein gemeinsames Ziel: Im Kern steht die Schaffung resilienter und nachhaltiger Produktions- und Logistiknetzwerke. Neben großen technologischen Innovationen wie der Blockchain for Logistics spielen auch kluge lokale Lösungen, wie etwa die Last Mile Concepts, eine große Rolle.

Urban Villages

Die Verdörflichung der Städte schreitet voran: Urban Villages verkörpern den Wunsch nach Gemeinschaft und geteilter Identität in städtischen Räumen. Urbane Dorfgemeinschaften erzeugen nicht nur Nähe durch die vereinfachte Erfüllung von Grundbedürfnissen, wie es beispielsweise in der 15-Minutes-City vorgesehen ist. Sie bringen zudem auch fluide Identitätsformen und vielseitige Lebensstile hervor.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Publikation „Future:System – Transformation beyond Megatrends“.