Conscious Economy

Aus der Leistungsgesellschaft wird die Sinnökonomie.

Im Spätkapitalismus hat Profitmaximierung als Selbstzweck ausgedient. Wirtschaft und Wirtschaftlichkeit werden wieder stärker als Mittel zur Zielerreichung gesehen ­– und immer weniger als Ziel an sich. Wie sieht eine solche Wirtschaft aus? Welche Bedeutung hat Arbeit in der nächsten Gesellschaft?

Ein Auszug aus der Publikation Future:System – Transformation beyond Megatrends”.

Von Lena Papasabbas

Conscious Economy

Die gesellschaftliche Bedeutung von Arbeit stand schon immer in direkter Abhängigkeit von den bestehenden technologischen Möglichkeiten. In der Geschichte der Menschheit haben technologische Entwicklungen immer wieder die Produktion von Gütern und Dienstleistungen revolutioniert und dabei ganze Kulturen umgeformt. Die gegenwärtigen Konsumgesellschaften resultieren aus den technologischen Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte, in denen die Massenproduktion zum Standard vieler Industriezweige geworden ist. 

Die Überflutung der Märkte mit Produkten und Dienstleistungen hat in breiten Teilen der Gesellschaft für materiellen Wohlstand gesorgt – aber auch zu Überlastung von Mensch und Umwelt geführt. Angesichts demografischer Veränderungen, fortschreitender Vernetzung und vor allem der rasanten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) wird das, was wir unter Arbeit verstehen, erneut redefiniert.

Arbeit als Teil der Selbstverwirklichung

KI und Automatisierung erleichtern viele monotone oder körperlich intensive Arbeitsschritte und unterstützen selbst kreative Prozesse maßgeblich. Das traditionelle Verständnis von Arbeit als mühsam und lästig, als Gegenpol zum Vergnügen, wird dadurch immer häufiger hinterfragt. Eine treibende Rolle für diesen Bewusstseinswandel spielt die Generation Y, die die Frage nach dem Sinn der Arbeit und ihrer Funktion zur Selbstentfaltung radikal in den Fokus gerückt hat. Die nachfolgende Generation Z geht noch weiter: Für sie ist Sinnhaftigkeit nicht Zielbild, sondern Grundlage jedweder Arbeit. In der Conscious Economy kommt Arbeit vollends in der nächsten Evolutionsstufe an: Arbeit dient fortan nicht mehr primär dem Geldwerwerb, im Zentrum steht vielmehr die Frage nach dem Sinn.

Eine menschenzentrierte Arbeitskultur

Die Arbeitswelt der Conscious Economy folgt neuen Regeln. Hochkomplexe und sich wandelnde Umfelder erfordern stetiges Lernen und fortwährende persönliche Entwicklungsprozesse – auch über formelle Ausbildungswege hinaus. Gleichzeitig drücken kritische Konsumierende ihre veränderten Ansprüche immer deutlicher aus und treiben die konsequente Umsetzung von ethischen und ökologischen Praktiken in der Wirtschaft voran. Auch die Arbeitskultur erfährt eine Transformation: Die Maxime der Leistungsmaximierung und die Mentalität der Ellenbogenkultur weichen einem menschenzentrierten Ansatz, der Wert legt auf einen gesunden und flexiblen Arbeitsplatz, auf konstruktive Formen der Unternehmensführung und netzwerkartige Kooperationsmodelle. 

Aufbruch in die Sinnökonomie

Im Kern der Conscious Economy steht ein neues Verständnis von Wachstum. Statt die Probleme natürlicher und menschlicher Ausbeutung zu ignorieren und stur die fixe Idee des „immer mehr“ zu verfolgen, legen zirkuläre, regenerative und inklusive Geschäftsmodelle den Fokus auf das Wachstum tatsächlicher Lebensqualität. So führt die Transformation der Conscious Economy die nächste Arbeitsgesellschaft wieder zu ihrem ursprünglichen Sinn zurück: der Erfüllung menschlicher Bedürfnisse und der Ermöglichung kultureller Evolution.

Drei ausgewählte Subtrends der Conscious Economy

Human-centered Culture

Wachsende Ansprüche an den Arbeitsplatz fördern in immer mehr Organisationen eine an humanistischen Werten orientierte Arbeitskultur, die menschliche Bedürfnisse ernst nimmt und priorisiert. Vertrauen, Transparenz, respektvolles Miteinander und Gleichberechtigung sind dabei ebenso zentral wie auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Arbeitsbedingungen. Diese neue Arbeitskultur ist nicht nur häufig die Basis von erfolgreichen Start-ups, sondern wird auch zunehmend in traditionellen Betrieben gelebt.

Network Organisations

Der Trend zu Netzwerkorganisationen beschreibt einen fundamentalen organisationalen Umbruch: von steilen zu flachen Hierarchien, von starren zu agilen Prozessen, von langfristiger zu flexibler Planung, von separierten Silos innerhalb der Organisation hin zu einer stärkeren Vernetzung, sowohl innerhalb der Organisation als auch mit externen Akteuren. Dies hat tiefgreifende Folgen für die Arbeits- und Führungskultur.

Skillisation

Der Trend zur Skillisation basiert auf der Erkenntnis, dass das Lernen nicht mehr mit dem Abschluss einer formellen Ausbildung endet. Eine sich ständig wandelnde Arbeitswelt und flexiblere Biografien erfordern ein fortwährendes Ausbauen der eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse. Der Prozess der persönlichen Weiterentwicklung erstreckt sich somit über die gesamte Lebensspanne.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Publikation „Future:System – Transformation beyond Megatrends“.