Der Abschied vom traditionellen Leistungsdenken bereitet den Weg für eine neue, spielerische Lernkultur. Ein Auszug aus dem Future:Guide Bildung.
6. Februar 2025
In einer hochgradig vernetzten und volatilen Welt gewinnt die Fähigkeit, spielerisch zu denken und zu handeln, radikal an Relevanz. Spielerisches Lernen beschreibt diesen ergebnisoffenen und explorativen Umgang mit digitalen Technologien, Systemen und Wirklichkeiten. Bildung wird dabei zunehmend zu einem interaktiven und sinnstiftenden Prozess, der Resilienz, Kreativität und systemisches Denken stärkt – zentrale Fähigkeiten in einer dynamischen Welt.
Dies verdeutlicht auch der Ansatz des Game-based Learning (GBL). Spiele werden dabei als komplexe Interaktions- und Gestaltungsräume genutzt, in denen Lernende Zukunftskompetenzen wie systemisches Denken, Kreativität und soziale Fähigkeiten entwickeln können. Im Unterschied zu Gamification (das Einfügen spieltypischer Elemente in nicht-spielerische Kontexte zur Motivationsförderung) oder Lernspielen (im deutschen Sprachraum häufig zu Unrecht als Serious Games bezeichnet) geht es bei GBL nicht um konkrete Bildungsziele, sondern um die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und die Entwicklung zentraler Zukunftskompetenzen.
Gut gestaltete Spiele wenden dieselben Prinzipien an, die auch generell für erfolgreiches Lernen entscheidend sind, etwa Handlungsfähigkeit, Problemlösen und systemisches Denken. Diese Prinzipien unterstützen Lernende dabei, sich aktiv und eigenverantwortlich mit Lerninhalten auseinanderzusetzen und komplexe Zusammenhänge zu verstehen.
GBL ist besonders wertvoll für zukunftsorientiertes Lernen, da es nicht nur kognitive, sondern auch soziale und kreative Fähigkeiten fördert. Die Möglichkeit, in einem sicheren Raum zu experimentieren und aus Fehlern zu lernen, stärkt die Selbstbestimmung und die Selbstwirksamkeit der Lernenden. Dies führt zu tiefgreifenden und nachhaltigen Lernprozessen: Die Spielewelten selbst werden zu Interaktions- und Gestaltungsräumen, in denen Zukunftskompetenzen entstehen – mit einem hohen Maß an intrinsischer Motivation.
Intrinsische Motivation wird oft als der „Heilige Gral“ der Bildung bezeichnet. Sie ist essenziell für erfolgreiche Lernerlebnisse – und kann durch selbstbestimmtes Handeln, sinnvolle Herausforderungen und persönliches Feedback gefördert werden. In vielen etablierten Lernkontexten sind diese Elemente zwar oberflächlich vorhanden, dennoch werden Herausforderungen meist vorgegeben, und Regeln erscheinen oft willkürlich. So ermöglicht das Feedback in Notenform vor allem einen Vergleich mit anderen – und erhält die intrinsische Motivation nur in Ausnahmefällen aufrecht.
Gut gestaltete Spiele setzen dagegen auf Selbstbestimmung. Sie bieten sinnvolle Regeln, die logisch und nachvollziehbar sind, selbstgewählte Herausforderungen, die den individuellen Fähigkeiten der Spieler:innen entsprechen – und Belohnungen, die einen echten persönlichen Wert haben. Und während man in der Schule für Fehler in der Regel bestraft wird, ermöglichen Spiele das Lernen aus Fehlern, auf Basis selbstgewählter Herausforderungen. All diese Faktoren führen im Spiel zu nachhaltiger Motivation: Sie vermitteln das Gefühl, Kontrolle über den Lernprozess zu haben und echte, sinnvolle Fortschritte zu erzielen.
Insgesamt fördern Spielelemente also ein tieferes Engagement und eine größere Zufriedenheit. Würden Bildungssysteme diese Prinzipien übernehmen und die Selbstbestimmung als Grundvoraussetzung integrieren, könnte das Lernen nicht nur effektiver, sondern auch erfüllender gestaltet werden.