Die Blütezeit des Marketings ist vorbei. Von KI-Bots über Content-Offensiven bis zum Einkauf von Influencer:innen – die digitale Welt hat die Optionen vertausendfacht, aber auch das Grundrauschen ins Unermessliche gesteigert. Wir werden von Markenbotschaften praktisch erschlagen. Markentreue schwindet. Das Misstrauen wächst. Wie kann eine zukunftsfähige Form des Marketing aussehen? – Ein Auszug aus dem Future:Guide Marketing
von Lena Papasabbas
15. Oktober 2024
Die Transformationen, Krisen und Umbrüche des 21. Jahrhunderts stellen Marken vor völlig neue Herausforderungen. Zwar wurden Marken schon immer von gesellschaftlichen Entwicklungen geprägt, diese waren jedoch meist evolutionärer Natur, wie die Digitalisierung, Globalisierung oder Individualisierung. Heute finden sich Marken in einem Umfeld, das geprägt ist von unberechenbaren Umbrüchen und Dynamiken. Es sind transformative Zeiten.
Während sich das gesellschaftliche Gefüge verschiebt, finden sich Unternehmen in einer Welt wieder, in der die Markentreue rasant schwindet – insbesondere bei den jüngeren Generationen. Das liegt zum einen an einem wachsenden Misstrauen gegen Unternehmen und ihren Marketingaktivitäten. Zum anderen an dem Überangebot an Markenerfahrungen, das die Menschen geradezu überflutet.
Immer häufiger treten neue, bewegliche Unternehmen auf den Markt (und verschwinden wieder), denen es gelingt, spezielle Bedürfnisse und Trends schnell und punktgenau zu besetzen. Je mehr die Bedeutung etablierter Marken bei der Kaufentscheidung sinkt, desto härter wird der Kampf um Aufmerksamkeit ausgefochten. Das meist auf immer mehr Kanälen und mit immer besserer Datengrundlage. Die Sorge, einen möglicherweise relevanten Kanal zu verpassen, nicht auf dem neuesten Stand der technologischen Möglichkeiten zu sein oder zu spät auf den nächsten Social-Media-Trend zu reagieren, wächst. Häufig führt das allerdings zu kurzsichtigen Reaktionen und nicht selten versanden Marketingbudgets wirkungslos im digitalen Raum.
Eine omnigechannelte Dauererregung und Reizüberflutung lassen vor allem die Masse an Marketingbotschaften weiter anwachsen – und damit auch die Skepsis und Genervtheit der Konsumierenden. Das Resultat ist eine steigende Immunität gegen Markenbotschaften und Werbeversprechen und ein Anwachsen der Kluft zwischen eigentlich gewünschten und tatsächlichen Kundenerfahrungen und -erlebnissen.
Guter Content gilt hier als die Superkraft im Wettbewerb um Aufmerksamkeit. Die Verbindung zu den Inhalten und dem eigentlichen Produkt oder der Dienstleistung wird immer loser und löst sich teilweise ganz auf. Viele Unternehmen tappen in die Reichweite-Falle: Selbst wenn die Kampagne auf YouTube oder Instagram viral geht, bleibt der mediale Erfolg häufig ohne echte ökonomische Wirkung.
Angesichts des dynamischen Spannungsfelds, in dem sich Marken heute bewegen, wird es immer schwieriger, die richtige Marketingstrategie zu finden. Trends lösen sich immer schneller gegenseitig ab. Oder sie werden von mächtigen Gegentrends sofort wieder überrumpelt. Die Datenberge zu Konsum- und Userverhalten wachsen, während technologische Möglichkeiten durch KI explodieren. Nie hatten Unternehmen mehr Möglichkeiten und Wege, herauszufinden, was „der Kunde“ will.
Doch die Zielgruppen-Analyse wird nicht selten zum Verhängnis. Zum einen sorgen KIs, ähnliche Datengrundlagen und Testing-Verfahren dafür, dass sich Markenwelten immer mehr ähneln. Zum anderen bleiben Menschen trotz aller KI und Big Data überraschend unberechenbar. In diesem Spiel gewinnt nicht selten, wer mutig vorangeht und etwas anderes wagt.
Große Erfolge haben zuletzt vor allem Marken gefeiert, die auf einem stabilen Wertegerüst aufbauen. Dass Haltung und Verantwortung für die Positionierung von Marken immer wichtiger werden, ist auch im Mainstream angekommen. Die eigene Marke mit Werten aufzuladen gehört inzwischen zum guten Ton. Doch auch hier führen angstgetriebene Überreaktionen zu einer Art „Purpose Overflow“: Kraftvolle Worte wie „Vision“, „Mission“ oder sogar „Liebe“ werden heute inflationär gebraucht. Purpose-Deklarationen gehören heute zum festen Teil eines jeden Unternehmensauftritts – und werden dadurch auch immer inhaltsleerer. Mehr als ein grüner – oder regenbogenfarbener – Anstrich steckt selten hinter den hochtrabenden Haltungs-Statements. Dabei ist eine konsequent gelebte Haltung der beste Schutz gegen Shitstorm und Imageverlust.
Der wahre Wettbewerbsvorteil für zukunftsfähiges Marketing ist nicht das neueste KI-Tool und auch nicht noch mehr Brand Awareness auf noch mehr Kanälen, sondern eine klare Vorstellung der eigenen Rolle im Kontext gesellschaftlichen Trend- und Wertedynamiken. Nur Unternehmen die ein konkretes Zukunftsbild in sich tragen, eine Vision von Zukunft in der sie selbst gestaltend teilhaben, können dieses authentisch nach außen (und nach Innen) vermitteln. Diese authentische Verbindung von Innen und Außen wird zur Hauptaufgabe des Marketing der Zukunft.
Um selbst als Akteure des Wandels zu agieren, brauchen die Brand- und Marketingmanager:innen von morgen sowohl ein tiefes Verständnis für die großen Transformationen unserer Zeit als auch der menschlichen Bedürfnisse und Vergemeinschaftungsprinzipien. Um die Rolle, die das eigene Unternehmen in diesen komplexen Veränderungen spielt und spielen möchte, zu identifizieren und konsequent zu verfolgen, hilft die Entwicklung einer langfristigen Meta-Strategie, die an bereits wirkende gesamtgesellschaftliche Transformationen anknüpft. Vier zukunftsweisende Meta-Strategien stellen wir in unserem Future:Guide „Marketing“ vor. Sie dienen als leitende Rahmenerzählungen und Anknüpfungspunkte für die Entwicklung der individuellen Marken- und Marketingstrategie.
Denn Marken müssen zukünftig ganzheitlich gedacht werden. Die Konsistenz von innen und außen einer Marke wird unabdingbar: Markenerlebnis und Unternehmensverhalten verschmelzen, die Führungskultur wird unmittelbar markenrelevant, Mitarbeitende werden zu Markenbotschafter:innen. Alles, was mit einem Unternehmen zu tun hat, zahlt auf eine universelle Markenerfahrung ein, die Menschen fühlen, erinnern und teilen. Als kollektive Idee und erlebbares Anliegen erzählt die Marke von morgen keine Vision mehr – sie ist selbst Teil der Transformation.
Mit dem „Future:Guide Marketing“ zeigen wir Wege für Marken von morgen auf. Durch umfassende Strategien, Impulse und Handlungsempfehlungen bietet diese Publikation eine Orientierung für Markenverantwortliche in einer Markenwelt im Umbruch.
In unserem Webinar vom 20. November 2024 geben wir Ihnen einen Einblick in unseren Future:Guide Marketing. In Form von Deep Dives tauchen wir gemeinsam mit Nina Weiss, Expertin für Transformations- und Impact Marketing, in verschiedene Bereiche nachhaltiger und transformativer Markenführung ein. Begleitet von zahlreichen Impulsen und Handlungsempfehlungen für die Praxis, bietet dieses Webinar diverse Ansatzpunkte für die Arbeit an und mit Ihrer Marke – auf dem Weg in eine lebenswerte Zukunft.
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