Desorientierung ist eines der sieben Schlüsselelemente im Wheel of Transformation, das die grundlegenden Faktoren von Transformationsprozessen sichtbar und zugänglich macht. Die einzelnen Elemente bilden dabei keine klar voneinander getrennten Segmente oder isolierte Phasen, sondern treten typischerweise parallel und nichtlinear auf. Wie die Arbeit mit den Transformationselementen praktisch funktioniert, beschreibt die Publikation „Future:Transformation“.
Desorientierung bedeutet zunächst eine Belastung: Rahmenbedingungen brechen auseinander, alte Ankerpunkte verschwinden, Verunsicherung dominiert. Dabei entsteht oft ein innerer Spannungszustand zwischen Unsicherheit und dem Impuls, die Herausforderung zu meistern. Diese Ambivalenz kann der erste Schritt in Richtung einer aktiven, zukunftsgewandten Handlung sein, losgelöst von festgefahrenen Strukturen. Unsicherheit und Widersprüchlichkeit können den Weg in einen kreativen transformativen Prozess ebnen.
Desorientierung kann von Verwirrung, Frustration und auch Verzweiflung begleitet sein. Entfernt sich der eigene Fokus dabei von der Zielorientierung und Situationsbewältigung, gilt es vor allem, wieder Boden unter den Füßen zu erhalten, etwa durch die bewusste Reflexion der eigenen Fähigkeiten und das Experimentieren mit neuen Zukunftsbildern. Je besser es gelingt, der aktuellen Verunsicherung mit einer gewissen Gelassenheit zu begegnen, desto eher kehrt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zurück.
Der Umgang mit Desorientierung erfordert die Fähigkeit der Unsicherheitskompetenz. Sie basiert im Kern auf zwei Grundbestandteilen, die beide elementar mit dem Thema Akzeptanz verbunden sind: Frustrations- und Ambivalenztoleranz. Es geht darum, auch in unsicheren Situationen handlungsfähig zu bleiben und zu subjektiver Sicherheit zurückzufinden.
Die große Chance der Desorientierung ist der Zugang zu neuen Perspektiven. Das Ablegen von Gewissheiten und Gewohnheiten schafft eine neue Freiheit. Zugleich bereitet die Verunsicherung den Weg für die gezielte (Rück-)Besinnung auf die eigenen Werte und die (Wieder-)Entdeckung des inneren Kompasses. Die Akzeptanz von Unsicherheit kann die eigene Handlungsmacht wieder bewusst machen. Sie lässt Hoffnung entstehen.
Ohne Desorientierung keine Freiheit zur Neuorientierung.