Krisen, Kriege, Katastrophen überall … Warum geht es scheinbar mit der Zivilisation den Bach runter? Ein Grund für dieses erschöpfende Jahrzehnt ist, dass wir uns mitten in einem Epochenwandel befinden!
– Ein Auszug aus dem Buch „Radikale Zuversicht: Ein Handbuch für Krisenzeiten.“
von Lena Papasabbas
Illustration: Julian Horx
4. April 2025
Das Industriezeitalter stirbt und das nächste Zeitalter ist noch nicht geboren. Keine angenehme Phase, zugegeben. Es ist eine Zeit der Krisen, der Kriege, der Umbrüche, der wegbröckelnden Normalitäten: Die fossile Wirtschaft neigt sich dem Ende zu, das Wachstumsparadigma stößt an seine Grenzen, Geschlechterrollen und ihre einst Struktur-gebende Funktion verschwimmen, das System der Nationalstaaten gerät ins Straucheln. Und neben allem anderen mischen digitale Technologien unseren Alltag, unsere Beziehungen und unsere Arbeitswelt weiter auf.
Alte Wahrheiten und Logiken funktionieren nicht mehr, ohne dass das neue Normal schon Kontur angenommen hat.
Doch die gute Nachricht ist: Ein neues Zeitalter steht vor der Tür. Und nicht selten bedeutet ein Epochenwandel einen kulturellen Evolutionssprung. Jetzt ist es an uns, diese Zukunft aktiv zu gestalten. Dafür müssen wir bei uns selbst anfangen. Denn nur wenn wir an eine bessere Zukunft glauben, können wir den Wandel in unserem Sinne gestalten.
Zuversicht ist unverzichtbar, um als Individuum und als Gesellschaft zu wachsen. Und sie ist die Basis von Zufriedenheit und Lebensqualität. Die Wirkung von Vorfreude, der kleinen Schwester von Zuversicht, ist gut erforscht. Sie wirkt, als würde das Gehirn von einem gewaltigen Cocktail an Drogen überflutet. Vor allem der Botenstoff Dopamin sorgt für gute Laune, Antrieb und Motivation. So kann die freudige Erwartung des anstehenden Urlaubs einen zur beruflichen Höchstleistungen animieren. Inzwischen ist belegt, dass Vorfreude sogar Stresshormone im Körper vermindert. Zuversicht stabilisiert also nicht nur die Laune, sondern auch die Gesundheit. Umgekehrt macht Pessimismus gestresst, müde und übellaunig.
„‚Es wäre besser gewesen, du wärst zur selben Stunde wiedergekommen‘, sagte der Fuchs. ‚Wenn du zum Beispiel um vier Uhr nachmittags kommst, kann ich um drei Uhr anfangen, glücklich zu sein. Je mehr die Zeit vergeht, um so glücklicher werde ich mich fühlen.‘“
– Antoine de Saint-Exupéry
Nicht nur das Mental Wellbeing des Einzelnen steht auf dem Spiel. Auch wie Gesellschaften funktionieren – oder eben nicht funktionieren – ist unmittelbar mit unserer Vorstellung von Zukunft verknüpft. Zukunftsangst ist die treibende Kraft für Populismus, Hass und Gewalt. Die geteilte Vision einer besseren Zukunft ist der Motor für Revolutionen, Aktivismus und Engagement.
Diese zwei Triebkräfte können über die kulturelle Evolution einer ganzen Gesellschaft bestimmen. Die anhaltende Rebellion der iranischen Bevölkerung gegen ihr Regime zeigt eindrücklich, welche Macht ein geteiltes Bild von einer besseren Zukunft entfalten kann. Trotz unmenschlicher Repressionen, überfüllter Foltergefängnisse und drohender Todesstrafe setzen sich Menschen für mehr Gleichberechtigung und Selbstbestimmung ein. Der Glaube an eine mögliche, bessere Zukunft ist der größte Feind der Diktatoren und Autokraten.
Doch genauso stark wirkt sich das Fehlen von Zuversicht aus. Der Siegeszug von AfD, Trump und anderen Rechtspopulist:innen fußt auf Zukunftsangst. Nur wer mit Sorge ans Morgen denkt, fühlt sich von den rückwärtsgewandten „Great again“-Ideologien angezogen. Ohne Zuversicht kein Fortschritt.
Erst Zuversicht macht Menschen gut.